Nach einigen Stunden Spielzeit werde ich mich jetzt etwas ausführlicher zu dem Spiel äußern.
Nach einem schwächeren dritten und einem schwierigen zweiten Teil ist die Anno-Reihe meiner Meinung nach nun endlich wieder auf dem Niveau von 1602 angekommen.
Ein Reich aufzubauen hat mir wieder richtig Spaß gemacht. Der Einstieg fällt einem erfahrenen Anno-Spieler ziemlich leicht, auch für Anfänger, die direkt mit einem Endlosspiel beginnen, ist der Anfang gut machbar.
Da ich keine Lust dazu habe, alle Kritikpunkte auszuformulieren erstelle ich mal eine kleine Liste.
Für den ein oder anderen mag hier vielleicht ein wenig Spoileralarm bestehen.
Positive Punkte:
- Große Inseln --> große Langzeitmotivation
- Kleine Features, die einem das Spielen erleichtern, z.B. einfacheres Anlegen von Handelsrouten und Rohstofffeldern
- Hübsche Grafik, extrem detailreich
- Geniale Kameraperspektive, um seine Stadt zu betrachten (F1, Postkartenperspektive)
- Viele Verziermöglichkeiten, wie auch bei den Vorgängern, Aufbau einer beeindruckenden Großstadt möglich
- Bedürfnisse in Maßen zu erfüllen ist bequemer geworden durch eine sich automatisch anpassende Steuerschraube, Einwohner sind nicht mehr so schnell aufgebracht
- Bau von "Kaiserdom" und "Sultansmoschee", große Langzeitmotivation (Voraussetzungen für den Bau sind schwierig zu erfüllen, Bau an sich dauert lange (mehrere Stunden), extrem viel Baumaterial benötigt)
- Man ist nicht mehr, wie noch bei 1701, auf Handelswaren angewiesen, um seine Aristokraten (Adlige) voll zu befriedigen
- Rohstoffe sind auffüllbar, Erze gehen nicht aus
- Hübscher Diplomatiemodus mit auch grafisch nett ausgearbeiteten Charakteren (der Bettler und die Kräuterhexe sind echt klasse)
- Verschiedene Aufträge sorgen für Abwechslung
- Die Schwierigkeit ist angemessen. Es ist weder zu leicht noch zu schwierig
Veränderungen, die Geschmackssache sind:
- Zweiteilung der Zivilisation (Orient und Okzident), jedoch ist der Aufbau einer orientalischen Stadt nicht nötig, Erweiterung des Contents
- Große Veränderung: Es gibt nun Aufstiegsrechte, die die Einwohner neben bestimmten Waren für den Aufstieg zu einer neuen Zivilisationsstufe benötigen. Es ensteht eine Art Pyramide, da Aufstiegsrechte nur durch Wachstum und die Bevölkerungszahl der vorigen Zivilisationsstufe generiert werden. D.h. man braucht z.B. drei Patrizierhäuser, um einen Adelstitel zu generieren (Zahlen erfunden). Für einen Patrizier hingegen, braucht man wiederum eine bestimmte Anzahl Bürger. Dieser Adelstitel kann dann von einem Patrizier genutzt werden, woraufhin er zum Adeligen aufsteigt. Das hat zur Folge, dass man nie eine Stadt hat, in der nur Adelige leben. Man muss die Anzahl der Aristokraten also quasi von unten erhöhen. Am Ende hat man dann einen Mix aus den verschiedenen Zivilisationsstufen. Das ist natürlich historisch deutlich korrekter als in den Vorgängern. Eine Stadt, in der nur Adelige leben, ist wohl kein realistisches Bild. Das heißt auch, dass man immer eine Art Stadtkern hat, in dem sich die Aristokraten ansiedeln. Dann gibt es darum Gegenden in denen nur Bürger und Bauern leben (auch bedingt durch die für den Aufstieg benötigten Gebäude, man muss schließlich nicht für einen Bürger, der sowieso keine Aufstiegsrechte erhalten kann, ein solches Bauwerk zu errichten) . Das macht es jedoch platztechnisch schwierig viele Aristokraten zu beherbergen, da die Bauern, Bürger und Patrizier sehr viel Platz einnehmen. Dies gibt auf einer Insel viel eher das Limit vor, als Warenknappheit.
- Extrem viele Waren. Das Spiel wird immer komplexer. Die Bedürfnisse nach bestimmten Waren kommt jedoch erst ab einer bestimmten Einwohnerzahl auf. Es ist also gut handlebar.
- Karte ist bis auf seine Anfangsinsel komplett verhüllt, muss also erkundet werden
- Man kann Inseln durch Saatgut für ein oder zwei Pflanzensorten fruchtbar machen
- Es gibt eine neue Währung neben Gold. Ruhm wird durch viel Handel, Turniere und die Erledigung von Aufträgen angesammelt und kann für Schiffsverbesserungen (erhöhte Geschwindkeit etc.) und diverse Entwicklungen sowie Items ausgegeben werden
Negativkritik:
- Um Zugriff auf bestimmte Gebäude des Orients zu bekommen, muss man einen immer höheren Diplomatiemodus bei dem Wesir erhalten. Im Klartext heißt das, dass man um z.B. Gewürze anbauen zu können dem Wesir per Schiff Geschenke zukommen lassen muss oder ihm in bestimmten Abständen Tribut entrichten muss. Das wird gerade zum Ende hin relativ nervig, da man extrem oft monoton hin- und herfahren muss, um seinen Rang beim Sultan zu erhöhen.
Diese Liste ist natürlich subjektiv. Manche Spieler würden vielleicht den ein oder anderen Punkt anders einordnen oder bewerten. Vielleicht ergänze ich sie im Laufe der Zeit, da mir auf Anhieb sicherlich nicht alles eingefallen ist. Zudem habe ich das Spiel noch nicht so lange gespielt, um alles gesehen und verstanden zu haben.
Zusammengefasst kann man sagen, dass es ein wirklich gut ausgearbeitetes und durchdachtes Spiel ist, dass sowohl dem Annoneuling als auch dem Annofan einen Kauf wert sein sollte.
Zu meiner momentanen Misere: Ich habe auf meiner Hauptinsel den Bau eines Kaiserdoms begonnen. Jedoch erhöht sich die Anzahl der benötigten Adligen je nach Bauabschnitt. Jetzt habe ich einen Dom ohne Fenster in meiner Stadt stehen und nicht genügend Adlige bzw. Adelstitel, um den Bau zu beenden. Meine Insel ist nach langer Überlegung und logistischem Einsatz sowohl Rechnerei wohl nicht in der Lage die geforderte Aristokratenmeute zu beherbergen. Eine Umsiedlung auf eine größere Insel, auf die sechs zusätzliche Adelshäuser passen, ist also nötig.
Von daher, mein Tipp: Startet ein neues Spiel, falls euch eure Anfangsinsel zu klein erscheint. Es gibt in meinem z.B. Spiel 2-3 Inseln, die größer sind als die, die ich zu Beginn bekommen habe (nein, man kann die Anfangsinsel nicht mehr selbst ansteuern, sondern hat seinen Kontor direkt an der Küste einer Insel stehen. (Spoiler) Rechnet euch vorher aus, ob es machbar ist 3500 Adlige anzusiedeln. Das ist nämlich die benötigte Anzahl für den Abschluss des Kaiserdoms. Ich bin reingefallen, da man 2000 Adlige für den ersten Bauabschnitt braucht und es nicht klar wird, dass man später noch mehr Adlige braucht. Adlige auf einer anderen Insel anzusiedeln hilft übrigens nicht. Die 3500 Aristokraten müssen auf der Insel leben, auf der auch der Dom errichtet wird.
Frage an die Leute, die es schon spielen: Gibt es noch weitere Wege um die Anzahl der Adelstitel und anderen Aufstiegsrechte zu erhöhen? Bettler beherberge ich schon. Die benötigte Anzahl Bettler für ein Bürgerrecht habe ich ebenfalls durch Errungenschaften aufs Minimum reduziert. Gibt es ein bestimmtes Limit an Bettlern? Ist deren Zahl zur Einwohnerzahl der Insel proportional? Locken Statuen und andere Zierelemente Bettler an (wie es im Kompendium angedeutet wird)? Wie soll es möglich sein 7000 Adlige (Bedingung für den Rang Metropole) auf einer Insel zu haben?
Dieser Beitrag wurde von Latituder bearbeitet: 29. Juni 2009 - 13:48 Uhr