Kirika88
07. Mai 2008 - 12:40 Uhr
Ich will eine Geschichte schreiben, die Geschichte macht, die auf persönlichen Erfahrungen basiert und meine Erinnerungen weitergibt. Eine Geschichte, aus der man Erfahrungen ziehen kann. Am Anfang wird so mancher vielleicht denken, der Verfasser ist nur ein Freak von vielen, dem es nicht reicht, Runescape nur zu spielen. Doch ich schreibe dies nicht, um der Welt etwas über ein Spiel zu erzählen. Dies ist meine persönliche Runescape-Biographie.
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-Prolog-
Ich kannte Spiele wie Runescape noch garnicht, und auch der Begriff MMORPG war mir völlig fremd, als ich zum ersten Mal sah, wie mein Bruder an seinem PC ein Spiel mit veralterter Grafik spielte. Ich weiß noch, wie ich hinter ihm stand, auf den Bildschirm starrte, und fragte ob die Leute, die dort herumliefen, echt waren. Wohlgemerkt, auch der Begriff NPC war mir fremd, sonst hätte ich die Frage anders stellen können. Mein Bruder erklärte mir, dass Runescape ein Spiel sei, in dem mehrere Spieler in der selben Welt herumlaufen. Erstaunt fragte ich, ob er mit den anderen auch kommunizieren könne, und meiner Erwartung entsprechend war die Antwort positiv. Das Game fand ich jedoch nicht interessant genug, außerdem hatte ich damals keinen Mut, denn allein die Vorstellung, von einem Spieler angesprochen zu werden, machte mir Angst. Hätte ich mich damals anders entschieden, wäre mein Account jetzt schon vier Jahre alt (und würde sicherlich Kirika, ohne 88, heißen).
-Kapitel Eins: Die Geburt-
Es war genau drei Tage nach meinem 19.Geburtstag. Ich war bei meinem Bruder zu Besuch, was ich zu der Zeit eigentlich permanent war. Zuhause war ich selten. Es war nachmittags, fast schon abends, aber es war noch hell am Himmel. Ich hatte nichts zu tun außer an Ben's GBA zu spielen, während ich so saß, dass ich jederzeit auf seinen Bildschirm sehen konnte. Bequem war es zwar nicht, unter dem offenen Fenster auf dem harten Boden zu sitzen, aber sicherlich angenehmer, als alle zwei Minuten von der wesentlich bequemeren Couch aufzustehen, nur weil Ben mir mal wieder unbedingt etwas "Wichtiges" zeigen wollte, das mich meistens eh nicht interessierte. An diesem Tag sah ich ihn also wieder dieses Spiel spielen, ich wusste aber nicht, dass es das Selbe war, welches ich vor Jahren gesehen hatte. Das wurde mir erst viel später wieder bewusst. Eigentlich hatte ich es auch längst wieder vergessen.
Neugierig wie ich in den Jahren geworden war, fragte ich Ben erneut, was das für ein Spiel sei, und er gab mir die selben Antworten wie schon damals: Runescape ist ein Spiel, das mehrere Spieler gleichzeitig in der selben Welt spielen. Ich wusste, dass er es mir extra einfach erklärte, und sagte zu seinem Erstaunen: Oh, also ist es ein MMORPG? Er wollte wissen, seit wann ich mich mit solchen Begriffen auskenne, und ich sagte, ich habe einen Manga gelesen, in dem dieser Begriff erläutert wird. Für ihn reichte das als Antwort, doch meinerseits war Interesse entstanden.
Dieser Beitrag wurde von Kirika88 bearbeitet: 13. Mai 2008 - 12:24 Uhr
Kirika88
07. Mai 2008 - 12:47 Uhr
Klar gehts weiter, ich werd mich bemühen mindestens einmal wöchentlich ein neues Kapitel zu veröffentlichen.
Übrigens hab ich eine Anmerkung vergessen: Bitte schreibt nicht in diesen Thread eure Kommentare hinein, sonst wird das hier zu unübersichtlich. Ihr könnt ja bei Bedarf einen extra Thread dafür eröffnen^^
Kirika88
08. Mai 2008 - 08:19 Uhr
-Kapitel Zwei: Waren wir nicht alle mal so?-
Kirika88 war geboren. Ich wollte schnellstmöglich mit dem Spiel beginnen, deshalb missachtete ich die Anweisungen, die mir die Ratgeber auf der Insel der Ausbilder gaben. Ich war der Überzeugung, dass sich das Game von selbst erklärt, und notfalls saß mein Bruder ja nebenan. Ich startete in Lumbridge ohne zu wissen dass es Lumbridge ist. Ben war mit seinem Account ebenfalls online, um mich durch ein paar Orte zu führen (damals war das der Weg bis zur Kuhweide und zurück, und ich dachte, die Welt ist so riesig, dass ich mich verlaufe). Ben trug einen Stab und zeigte mir, wie stark er bereits gegen die Kühe ist. Ich sagte unbeeindruckt: Deine Kampfstufe ist doch auch viel höher. Ich meinte, ich komme von nun an allein zurecht (das stimmte zwar ganz und gar nicht, aber mein Stolz verbot es mir, mich von meinem großen Bruder wie ein Anfänger behandeln zu lassen). Er gab mir als letzten Tipp, dass ich erstmal besser im Kochen werden soll, um im Kampf später nicht zu sterben. Dann loggte er sich aus. Ich blieb online und sammelte Rindfleisch, das auf der Weide lag. Nachdem ich eine Weile gekocht hatte (und mir viele Steaks misslungen sind) tauchten neben mir zwei Spieler auf, von denen einer mich nach meinem Kochlevel fragte. Ich gab stolz Auskunft, dass ich bereits Level 6 darin habe, und ich war wirklich überzeugt, dass das ein hohes Level für den Anfang ist (ich bezweifle, dass ich damals wusste, dass die Skills bis 99 gehen...). Sie lachten mich aus und nannten mich "Noob". Wäre nicht dieses Gelächter gewesen, hätte ich nicht begriffen, was "Noob" bedeutet.
Dieser Beitrag wurde von Kirika88 bearbeitet: 08. Mai 2008 - 08:21 Uhr
Kirika88
08. Mai 2008 - 12:05 Uhr
-Kapitel Drei: Garwin-
Runescape schien genau das Richtige für mich zu sein: Ein Spiel, das mich ein wenig an den Manga erinnerte, den ich damals so liebte. Ich hatte schon ein wenig gekämpft, war aber überwiegend damit beschäftigt, Orientierung zu erlangen. Weil das fehlschlug, blieb ich erstmal in Lumbridge. Je länger ich mich dort aufhielt, desto vertrauter kamen mir die Schlossmauern, der Holzzaun, die Figuren vor...hatte ich das nicht schonmal irgendwo gesehen?
Es war Nacht. Ben schlief schon, während ich wie immer Goblins tötete. Außer mir schienen nur noch Amerikaner online zu sein, und ich hoffte, dass mich bloß niemand anspricht. Auf mein miserables Schulenglisch war sicher niemand scharf.
Dort bei einem Baum sah ich ihn dann stehen: Garwin Zwerg. Er war ein Spieler mit etwas höherer Kampfstufe als ich, und vor allem mit einem deutsch klingendem Namen. Und wenn man in der Unterzahl ist, muss man sich verbünden, oder? Also ging ich auf ihn zu und klickte auf "folgen". Ich ging ihm nach, ohne ein Wort zu sagen, bis er irgendwann fragte: "Was ist?" Mein Herz tat einen erleichterten Hüpfer: Er sprach wirklich deutsch! Ich sagte, ich möchte ihm einfach eine Weile folgen, und weil er nichts dagegen hatte, lief ich ihm also nach. Er ging weiter seiner Tätigkeit nach, während ich ihn, neugierig wie ich war, mit Fragen löcherte. Irgendwie kam es dann dazu, dass wir Freunde wurden, schließlich waren wir beide Noobs, in einer großen fremden Welt, mitten in der Nacht und nur von Amerikanern umgeben. So jedenfalls lernte ich Garwin kennen.
Da war mein Account drei Tage alt.
Kirika88
10. Mai 2008 - 22:26 Uhr
-Kapitel Vier: Gefährten und Gefahren-
Dieses Game hatte mich echt in seinen Bann gezogen. Im realen Leben gab es auch Dinge zu erledigen, doch meine einzigen Gedanken waren, welchen Skill ich wohl in meiner nächsten Online-Session trainiere, ob ich Garwin wiedersehe und ob ich es schaffe, meine Kampfstufe zu erhöhen. Es war Anfang April und wirklich der heißeste Frühling, an den ich mich erinnern kann. Meine Kampfstufe lag ungefähr bei 17.
Mittlerweile war ich noch häufiger bei meinem Bruder, nur um Tag und Nacht (ich hab sogar auf Schlaf verzichtet) im Spiel zu sein. Obwohl es an Geld fehlte, ging ich mehrmals in der Woche ins 2km entfernte Internetcafé. Meine Stiefschwester, die ich mittlerweile auch für Runescape begeistert hatte, gab mir manchmal etwas von ihrem Taschengeld, damit ich spielen konnte. Manchmal, wenn ich online war, traf ich auf Garwin und schloss mich, unabhängig von meinen eigenen Interessen, seinen Plänen an, egal was er vorhatte. Die Differenz zwischen unseren Kampfstufen war nun etwas größer geworden, da er öfter spielen konnte als ich. Garwin nahm mich oft mit auf Abenteuer und wir machten viele Quests gemeinsam. Wenn er Bergbau betrieb, gab er mir das Eisenerz, sodass ich es für ihn deponieren konnte (damals gab es das 3k-Limit noch nicht). Ich war nicht so stark wie er, daher sah ich zu ihm auf. Und da er längst gegen stärkere Monster kämpfen konnte als ich, war meine einzige Chance, etwas mit ihm gemeinsam zu unternehmen, die Erze für ihn zu verstauen.
Eines Tages sagte er zu mir, er möchte mir einen gefährlichen Ort zeigen, einen Ort an dem sich die Spieler gegenseitig angreifen können. Ich war zuerst schockiert, doch Garwin versicherte mir, mich zu beschützen. Ich vertraute ihm, außerdem wollte ich unbedingt mit ihm kommen. Ich war so glücklich, dass er ausgerechnet mich fragte und nicht irgendjemand anderes. Zudem sollte er nicht denken, dass ich feige bin. Also ließ ich mich von ihm in die Wildnis führen.
Er zeigte mir das Feld der Gebeine, wo es damals große Knochen gab. Wir sammelten die Knochen ein, ich gab ihm die, die ich gesammelt hatte und er vergrub sie an Ort und Stelle. Plötzlich tauchte ein Spieler auf. Garwin wies mich an, ihm zu helfen. Und ich versuchte mein Bestes, bis Garwin sagte: "Oh mein Gott, das sind ja zwei!" Erst jetzt sah ich es auch: Zwei Spieler, die ineinander standen und uns angriffen. Da war selbst Garwin überfordert und reagierte mit Rückzug. Ich rannte ihm panisch hinterher, doch es war zu spät: Wir wurden tödlich getroffen und starteten wieder in Lumbridge. Mir saß der Schock noch in den Gliedern, doch davon wollte ich Garwin nichts wissen lassen. Stattdessen sagte ich: "Das war lustig! Das müssen wir unbedingt wiederholen, wenn wir stärker sind!" Er fand es offenbar auch lustig. Garwin und ich waren wirklich gute Gefährten.
Kirika88
10. Mai 2008 - 22:55 Uhr
-Kapitel Fünf: Helden und künftige Legenden-
Es ging auf das Ende dieses heißen Aprils zu, und auch mein Geld neigte sich seinem endgültigen Ende zu. Meine Kampfstufe lag bei 28, während die von Garwin schon auf die 40 zusteuerte. Wir waren nun nicht mehr so oft zusammen, weil er einfach immer stärker wurde. Ich begann umso intensiver mit Bergbau, um Schmieden zu können und die Gegenstände zu verkaufen. Ich brauchte Geld.
Immer wenn wir doch mal gemeinsam unterwegs waren, beschwerte er sich, dass ich den Varrock-Teleportzauber noch nicht beherrsche. Meinetwegen liefen wir dann immer von Stadt zu Stadt. Die Orientierung auf der Karte war leichter geworden seitdem ich mir angewöhnt hatte, die Kompassnadel stets nördlich auszurichten.
Einmal, als wir in Port Sarim waren, sagte er, er habe ein Geschenk für mich. Er gab mir eine Messing-Halskette mit der Aufforderung, sie anzulegen. Er sagte: "Wow, die steht dir echt gut!" Ich war überglücklich: Zum ersten Mal hatte ich ein Geschenk von meinem Meister erhalten. Die Halskette war wertlos, doch für mich hatte sie einen unersetzbaren Wert erhalten: Erinnerungswert. Deshalb schwor ich, sie für immer zu behalten.
Bald darauf verloren sich unsere Wege mehr und mehr, denn es kam hinzu, dass Garwin sich immer häufiger in der Handelswelt aufhielt. Das machte mich traurig, doch er tröstete mich mit den Worten: "Bald wirst du sicher auch ins Handelsfieber kommen". In meinem Frust zog ich nun oft allein in die Wildnis um große Knochen zu sammeln, nur um meinem Meister eine Freude zu machen. Dabei habe ich nicht selten mein Leben verloren, aber das war es mir einfach wert. Dennoch sah ich ihn immer seltener. Zum ersten Mal fühlte ich mich einsam in Runescape. Es waren so viele Spieler in dieser Welt, doch je mehr es waren, die mir nicht bekannt waren, desto fremder und einsamer fühlte ich mich. Es gab nur einen Weg, wieder häufiger an Garwin's Seite zu sein: Ich musste stärker werden. Ich bat Garwin, mich dabei zu unterstützen. Er sagte: "Ich werde in den nächsten Tagen nicht online sein. Wenn ich wiederkomme, hast du Kampfstufe 35. Dann werden wir weitersehen!" Das war eine indirekte Aufforderung zu einem Versprechen, dachte ich, und meinte: "Worauf du dich verlassen kannst!"
In den Tagen während seiner Abwesenheit hielt ich mich missionsbedingt in Draynor auf. Im Haus der Hexe Aggie zündete ich aus Spaß die Holzscheite an, die sich zufälligerweise in meinem Rucksack befanden. Als das ganze Haus "brannte", rief plötzlich ein Spieler, der neben mir stand: "Hilfe, Feuer! Heiß!" Ich musste darüber so sehr lachen, dass ich neugierig auf den Spieler wurde. Sein Name war Lanceor (*Anmerkung: Alle Namen bis auf meinen eigenen und den von Garwin habe ich auf Wunsch der hierin erwähnten Spieler geändert), er war etwa 20 Kampfstufen über mir. Wir traten in Kontakt.
Lanceor war viel stärker als Garwin und wusste sogar viel mehr über Runescape. Das fand ich sehr erstaunlich, denn bis zu diesem Moment war ich stets überzeugt gewesen, Garwin sei allwissend. Er war es nicht. Später sollte ich auch erfahren, warum.
Lanceor war auch viel häufiger online als Garwin. Zwar gingen wir fast immer getrennte Wege, doch es war okay für mich. Garwin war immerhin mein unersetzbarer Meister und Gefährte. Und ich trainierte, so oft es ging, damit das Wort "Gefährte" sich nicht irgendwann zwischen uns auflösen würde. Als er wieder online kam, stellte ich erschrocken fest, dass mein Training nicht so erfolgreich verlaufen war wie erhofft. "Ich hab es leider nicht geschafft, tut mir leid", sagte ich zu ihm. Zuerst fragte er verwirrt, wofür ich mich entschuldige. Als ich dann sagte: "Ich sollte es bis Kampfstufe 35 schaffen, aber ich bin erst bei 32 angelangt", meinte er nur: "Du hast das wirklich ernst genommen?" Ich fühlte mich wie ein Versager.
Einmal waren Garwin und Lanceor zur gleichen Zeit online und das brachte mich auf die Idee, die beiden einander vorzustellen. Doch meine Idee war nicht gut: Die beiden sahen ineinander Rivalen. Garwin sagte zu Lanceor: "Ich besiege dich in der Wildnis. Dann werden wir ja sehen, wer der bessere Meister für Kiri ist!" Lanceor schien es hingegen egal zu sein, wen von beiden ich als meinen Meister bezeichnete. Trotzdem ließ er die indirekte Aufforderung zu einem Duell nicht im Raum stehen. Ich folgte den beiden in die Wildnis, doch ehe es zu einem Kampf zwischen den beiden kam, wurde ich von einem Spieler angegriffen. Garwin kehrte sofort um, um mich zu beschützen. Lanceor hingegen war von der Karte verschwunden. Ich rief Garwin zu: "Das schaffst du!" Er meinte: "Ich bin 10 Kampfstufen unterlegen, es wird nicht leicht!" Garwin kämpfte mit allen Mitteln, und zum ersten Mal beobachtete ich ihn sehr genau. Dadurch stellte ich fest, woran es lag, dass er so stark geworden war. Trotz seiner Stärke drohte er zu verlieren. Dann rief ich ihm zu: "Garwin! Du wirst mein Held sein, wenn du gewinnst!" Er fragte: "Bedeutet das dir mehr als ein Meister?" - "Natürlich, und du stellst dann sogar Lanceor in den Schatten!" Glück oder ein Mutschub verhalfen Garwin schließlich doch zum Sieg. "Hehe", meinte er am Ende zufrieden, "somit wär also auch die Sache zwischen Lanceor und mir geklärt".
Kirika88
13. Mai 2008 - 16:25 Uhr
-Kapitel Sechs: Garwin's letzten Worte-
Nach Garwin's Aufstieg zu einem Helden sahen wir uns endlich wieder häufiger. Er nahm mich mit zu den Hobgoblins, um Limpwurt-Wurzeln zu suchen. Während er bereits full Rune trug, war ich noch in meinen Adamant-Vollhelm, meinen Adamant-Plattenrock, mein Adamant-Langschwert sowie meinen Mithril-Plattenpanzer und meinen Mithril-Pentaschild gekleidet. Mir wurde zunehmends bewusst, dass ich Garwin nie mehr einholen würde. Ich hatte ja nach all meinen Stunden im Spiel nicht mal Geld für full Rune. Es war so deprimierend. Ich begann mich zu fragen, wieso ich nicht so gut war wie Garwin, obwohl wir doch beide etwa zur selben Zeit mit dem Spiel begonnen haben. Wir waren beide Noobs, als wir gemeinsam in der Wildnis starben. Wieso also...?
Ich tröstete mich gelegentlich mit Bergbau, damit es wenigstens einen einzigen Skill gab, in dem ich ihm überlegen war. Anstatt zu kämpfen, besuchte ich die Mine südöstlich von Varrock. Tagsüber war ich dort, und nachts wenn Garwin online war, ging ich mit ihm zu den Hobgoblins. Ich sah ihn des Öfteren mit Magie kämpfen. Wann hatte er das alles gelernt?!
In der Nacht zum neunten Mai kam dann der große Wendepunkt in meinem Leben: Während ich Bergbau betrieb, weil Garwin nicht da war, lernte ich Speedy kennen. Wir kamen innerhalb der nächsten Tage zusammen, und zwar nicht ingame, sondern real. Ziemlich bald stand fest, dass ich zu ihm ziehe, aber da er keinen Internetanschluss hatte (er war in jener Nacht bei seinem Bruder online), stand damit ebenso fest, dass ich Runescape für eine unbestimmte Zeit verlassen würde. In der letzten Nacht, die ich online verbrachte, traf ich Garwin und erzählte ihm davon. Ich sagte: "Ich werde mich für eine unbestimmte Zeit nicht einloggen können, vielleicht sogar für Monate". Daraufhin meinte er: "Ich höre vielleicht auch bald auf. In nächster Zeit muss ich mich wieder mehr auf Schule konzentrieren" Erschrocken sagte ich: "Wir werden uns aber doch wiedersehen, irgendwann, oder?" Er wich meiner Frage aus. Er erklärte, dass Runescape sein reales Leben zu stark beeinflusst und ihm seine Zeit für seine realen Hobbies und für seine Freunde raubt. Das wolle er nicht länger zulassen. Ich versuchte es mit allem, was in meiner Macht stand, zu begreifen, aber ich konnte es nicht. "Naja", meinte ich, "du wirst doch sicher mal zwischendurch Zeit finden, dann sehen wir uns wieder. Und wenn es soweit ist, werde ich dich endlich beeindrucken können!" Garwin lachte und sagte: "Mich beeindruckst du erst, wenn du dich endlich teleportieren kannst, Schmieden auf Stufe 60 hast und in der Lage bist, mich zu besiegen!"
Es waren Garwin's letzten Worte.
Ich zog zu meinem Freund, dadurch konnte ich auch nicht mehr zu meinem Bruder. So kam es, dass ich eine Zwangspause einlegen musste. Sie sollte eines Tages zum Wendepunkt meiner Spielerkarriere führen.
Kirika88
13. Mai 2008 - 16:52 Uhr
-Kapitel Sieben: Zwischen Ebbe und Flut-
Diese Geschichte macht einen Zeitsprung: Fünf lange Monate hatte Kirika in Jagex' Betten geschlafen. Nur in meinem realen Leben hatte sich viel verändert. Zum Einen war meine Beziehung ein Trümmerhaufen. Ich hatte Schluss gemacht, wohnte aber noch so lange bei ihm, bis ich einen neuen Wohnort gefunden hatte. In dieser Zeit war ich häufiger denn je bei dem Bruder meines (Ex-)Freundes zu Besuch. Dort besaß ich die Möglichkeit, dessen PC zu benutzen. So erwachte Kirika endlich aus ihrem Schlaf...
Ich startete bei den Hobgoblins, hatte Kampfstufe 47.
Da ich nach so langer Inaktivität nicht wusste, womit ich beginnen soll, sammelte ich erstmal Limpwurt-Wurzeln, bis ich eine Kampfstufe aufstieg. Für den Fall, dass ich Garwin vielleicht in den kommenden Tagen begegne, hatte ich so also einen kleinen Vorrat an Wurzeln, über die er sich freuen konnte. Von meinen früheren Kontakten auf meiner Freundeliste war niemand online. Ich kam mir vor wie ein Heimkehrer, der eine Welt betritt, die einen Zeitsprung gemacht hat: Vieles wirkte vertraut, aber das Meiste anders. Nur Lanceor traf ich wieder. Er war fast genauso erstaunt und erfreut, mich wiederzusehen wie ich selbst. Er war Member geworden. Das hieß, es gab nun niemanden mehr, mit dem ich gemeinsam etwas unternehmen konnte. Durch meine lange Abwesenheit fehlte mir der Bezug zum Spiel. Eigentlich machte es mir immer weniger Spaß. Bis ich auf einen Spieler traf, der mich fragte, wieso ich nicht viel besser ausgerüstet bin. Ich sagte, es fehlt mir einfach an Geld. Daraufhin schlug er mir vor, Holzfällerei auf Stufe 60 zu trainieren, da ich dann Eiben fällen könne. Er fügte hinzu, dass dies einer der besten Wege sei, um Geld zu verdienen. Ich war schnell überzeugt, sogar so sehr, dass ich meiner Ungeduld trotzte und innerhalb der nächsten vier Tage Eiben fällen konnte. Von meinem Geld, auf das ich unglaublich stolz war, kaufte ich mir full Rune. Dann stellte ich fest, dass mir ein Quest fehlt, um den Plattenpanzer ausrüsten zu können. Es führte kein Weg daran vorbei: Bald stand mir Elvarg, der gefürchtete Drache, bevor. Wie sollte ein Spieler wie ich, mit Kampfstufe 48, einen so übermächtigen Drachen besiegen?
Ich beruhigte mich mit dem Gedanken, dass mir bis dorthin noch genug Zeit blieb. Gleichzeitig setzte ich mich unter leichtem Druck, da ich es unbedingt schaffen wollte, bevor ich Garwin wiedersah. Und da ich nicht wissen konnte, wann es soweit ist, gab ich mein Bestes. Zum ersten Mal gab ich mir Mühe, kontrolliert zu trainieren, und ich machte mir erstmals ernsthaft Gedanken um meine Effizienz. Mir wurde klar, dass Geld nicht alles im Spiel beeinflussen kann. Man besiegt schließlich keinen Drachen, indem man ihn mit Gold bewirft.
Ich hatte also klare Ziele vor Augen. Kurz gesagt: Stärker werden.
Kirika88
20. Mai 2008 - 13:26 Uhr
-Kapitel Acht: Die Ruhe vor dem Sturm-
Das neue Jahr hatte begonnen. Das wenige Geld, das ich besaß, floss ins Internetcafé, was mich an vergangene Zeiten erinnerte. Nur war ich seit meinem letzten Besuch dort stark geworden. Endlich fühlte ich mich nicht mehr unterlegen, was aber vielleicht auch daran lag, dass mir die Person fehlte, an der ich mich stets gemessen habe. Es gab keinen Vergleich mehr.
Neue Gefährten fand ich nicht, obwohl ich gern jemanden an meiner Seite gehabt hätte. Dafür lief es real echt gut: Es stand fest, dass ich bald zu meinem neuen Freund ziehe. Runescape wurde mir immer unwichtiger. Was war schon Runescape ohne Garwin für mich? Mir fehlte mein Held aus vergangenen Zeiten. Ich erinnerte mich an seine letzten Worte: "Mich beeindruckst du erst, wenn du in der Lage bist, mich zu besiegen". Bedeutete das, dass ich ihn nur besiegen musste, um ihn zurück ins Spiel zu holen? War es möglich, ihn so zu beeindrucken, dass er dadurch zurückkehrt? Dieser Gedanke machte mich traurig und entschlossen zugleich. Entschlossen, Garwin zu besiegen! Dann könnten wir wieder zusammen spielen, wie früher, als wir noch auf gleichem Level waren. Vielleicht gab es einen Weg, Garwin zu kontaktieren und ihn herauszufordern. Doch zuerst hatte ich noch einige Vorbereitungen zu treffen: Magie Level 25 erreichen, um Garwin nie wieder sagen zu hören, ich solle endlich telen lernen, und trainieren. Denn bevor ich überhaupt daran denken konnte, Garwin herauszufordern, musste ich es mit Elvarg aufnehmen. Bald würde es endlich soweit sein.
Kirika88
20. Mai 2008 - 15:12 Uhr
-Kapitel 9: Der Phönix-
Februar. Ich wohnte endlich bei meinem neuen Freund, wo mir erstmals freier Internetzugang ermöglicht wurde. Elvarg war eine kleine 3-Tage-Geschichte, ich hatte ihn mit aller Kraft, die ich mir angeeignet hatte, besiegt und konnte nun nicht nur endlich den Runit-Plattenpanzer tragen, sondern fühlte mich auch endlich stark genug gegen Garwin. Meine Kampfstufe war 60, somit hatte ich ihn fast eingeholt. Es fehlte nun nicht mehr viel, und Garwin würde vielleicht endlich zurückkommen. Es hatte sich so viel verändert, es gab nun die Markthalle und die Wildnis, die er immer so geliebt hat, war nicht mehr die selbe (dass genau das ihn zum Quitten animiert hat, wurde mir erst viel später klar, ich habe nie bemerkt dass sein größtes Hobby Pken ist). Ich war so gespannt darauf, ihm alles zu zeigen.
Überraschenderweise war es in den folgenden Tagen so weit: Garwin loggte sich ein. Es war ein vertrautes und zugleich fremdes Gefühl, ihn zu sehen. Als ich ihn damals zum letzten Mal sah, hatte er Kampfstufe 55. Das hieß, er hatte nach meinem Abschied noch eine Weile trainiert. Doch auch mit einem Spieler auf Level 64 würde ich es aufnehmen können. Schließlich hatte ich einen enormen Wandel durchlebt, und genau das galt es, ihm zu beweisen. Er nahm die Herausforderung an, wir gingen zur Duell-Arena. Mein Herz schlug wild, dennoch versuchte ich ruhig zu wirken.
Wir standen uns gegenüber, er als Magier, ich stolz in meiner kompletten Runit-Rüstung. Ich war überzeugt, dass ich die besseren Chancen hatte, immerhin bietet meine Rüstung doch viel mehr Verteidigung als seine Robe. Vor dem Kampf fand noch ein kurzes Gespräch zwischen uns statt. Er fragte: "Bist du sicher, dass du gegen mich kämpfen willst?" - "Lass mich dir beweisen, dass ich stark geworden bin!", entgegnete ich siegessicher. Ich begriff nicht, was Garwin daran so lustig fand, dass er lachte. "Meinst du wirklich, du kannst mich besiegen?", fragte er mich. Das machte mich stutzig. Meinte er das ernst? "Natürlich. Wir sind fast gleich stark, also behandle mich nicht länger, als wärst du mein unbesiegbarer Meister. Auf geht's!"
Der Kampf endete, ehe er wirklich begonnen hatte. Es war eine 10-sekündige(!), bittere Show. Und ich lag am Boden.
Dies war also Stärke. Oder war es einfach nur Glück? Warum hatte ich ihn so gut wie immer verfehlt? Seinerseits bedurfte es nur drei Zaubern, um mit mir fertig zu werden. War es wirklich Glück? Oder steckte viel mehr dahinter?
Ich sank in meinen Stuhl, für einen Moment unfähig zu sprechen, zu schreiben, mich zu bewegen. Ich hatte verloren. Sollte es das etwa gewesen sein? Der Moment, für den ich monatelang trainiert habe, auf den ich so lange gewartet habe? Waren all meine Bemühungen gewesen, nur um auf diese Art und Weise zu verlieren?!
Auch wenn ich weitaus mehr als nur meinen Stolz verloren hatte, so war er doch das, was die tiefsten Wunden davongetragen hatte.
Mit Tränen in den Augen - reale Tränen - verließ ich die Arena. Von Zorn und Trauer erfüllt, war ich entschlossen, nie wieder Runescape zu betreten. Garwin folgte mir nicht. Es war besser so, denn ich wollte allein sein. Es kam einige Minuten später eine Nachricht von ihm: "Mage killt Melee, sag bloß du wusstest das nicht?"
Erst dachte ich, das sei eine Feststellung gewesen, die sich auf den Kampf vorhin bezog, aber ich begriff, dass er mir soeben etwas sehr wichtiges mitgeteilt hatte. "Wie es aussieht, bin ich wohl immer noch dein Meister", fügte er hinzu, was mir den endgültigen Finalschlag verpasste. Ich weiß nicht mehr, ob er daraufhin noch etwas schrieb, da meine Gedanken ganz weit weg waren. Es folgte der Logout und ein paar innere Schweigeminuten, die ich brauchte um mich zu sammeln. Ich versuchte den Kampf und Garwin's Worte nochmal in Gedanken zu rekonstruieren, ohne dabei Rücksicht auf meine Gefühle zu nehmen, die in diesem Moment Achterbahn fuhren.
Ich zog Lanceor zum Rat, vielleicht hatte er ein paar aufmunternde Worte für mich übrig. Am liebsten wollte ich jetzt von ihm hören, dass Garwin tatsächlich Glück hatte und ich einfach Pech. Ich versetzte ihn in Kenntnis über meine Niederlage. Er wirkte entsetzt, als er fragte, ob ich full Runit trug. Ich sagte: ""Ja, aber in der Duell-Arena verliert man doch nichts" - "Das weiß ich selbst", entgegnete er scharf. "Du hast keine Ahnung, worauf ich hinaus will, oder?" Ich verneinte. "Wenn er mit Magie kämpft, ziehst du als Melee in der Regel den Kürzeren", erklärte er. Noch begriff ich nicht, dass er auf etwas Bestimmtes hinauswollte. "Aber Magier haben doch wenig Verteidigung, wieso habe ich ihn kaum getroffen?", wollte ich wissen.
Dann endlich offenbarte mir Lanceor das "Geheimnis", welches Garwin offenbar auch kannte. Er erzählte mir alles, er erklärte mir den "Kreislauf": Melee killt Range, Range killt Mage, Mage killt Melee. Anhand dieses zusammenfassenden Prinzipes verstand ich sofort, wieso Garwin die besseren Chancen gegen mich gehabt hatte. Und auch, wieso er mich vorher fragte, ob ich wirklich gegen ihn kämpfen will. Endlich verstand ich alles.
Aber wie kam es, dass ich das bei meiner hohen Kampfstufe bisher nie in Erfahrung gebracht hatte? Vielleicht bedeutete die Kampfstufe nicht alles - Vielleicht hatte ich monatelang noch viel mehr übersehen als nur das...
"Wenn du Garwin wirklich besiegen willst", meinte Lanceor zum Abschluss, "dann trainiere Range. Ab Level 40 dürfte er dann alt aussehen". Ich wusste dass er Recht hatte, immerhin wusste er wovon er redet. Er hatte den Skill bereits maximiert.
Neuen Mutes loggte ich mich wieder ein, Garwin war bereits off. Garwin...nun verstand ich auf einmal so viel. In mir war das Verlangen nach einer Revanche entstanden, und ich wusste wie ich mich diesmal vorzubereiten hatte. Mir war klar, was ich zu tun hatte: Range trainieren. Eigentlich wollte ich, aus Wut darüber, wie dumm ich war, meine gesamte Melee-Ausrüstung wegwerfen, doch ich kam zu dem Entschluss, dass mir das Geld vom Verkauf dieser Sachen ein gutes Startkapital für Ranger war. Ich musste ganz von vorn beginnen, aber ich blickte bereits jetzt wieder siegessicher nach vorn: Manchmal erkennt man, dass das vermeintliche Ende nur das Ende des Prologs war. Die wahre Geschichte beginnt, glaubt es oder nicht, nämlich erst jetzt.
Dieser Beitrag wurde von Kirika88 bearbeitet: 20. Mai 2008 - 21:03 Uhr
Kirika88
02. Juni 2008 - 13:57 Uhr
-Kapitel Zehn: Sehnsucht nach dem Meer-
Es war Valentinstag. Dieser Tag hatte für mich nie zuvor Bedeutung gehabt, doch nun war ich ja mit einem sehr lieben Menschen zusammen. Das brachte mich auf die Idee, mich mit meinem engsten Runescape-Freund zu verabreden: Lanceor. Ich fragte ihn, ob er sich noch an den Ort erinnere, an dem wir uns zum ersten Mal begegnet sind, und ob er noch wisse, wie wir ins Gespräch kamen. Es freute mich zu hören, dass er es genausowenig vergessen hatte wie ich. Im Januar hatte er mir mal gesagt, sollte ich je Member werden, heiraten wir. Lanceor und ich waren dementsprechend verlobt, aber manchmal fühlte es sich an, als bedeute er mir mehr als ich ihm. Ich schob es auf seine Schüchternheit.
Ich sagte: "Wir treffen uns an dem Ort unseres Kennenlernens".
Wenig später war er dort und ich führte ihn in meine Residenz in Varrock. Jenes Haus gegenüber des Varrocker Museums hatte ich kürzlich zu meiner Residenz auserkoren.
Ich deckte den Tisch mit selbstgebackenem Kuchen, Wein aus eigener Herstellung sowie Pizza. Es entsprach nunmal meinem Stil, die Zutaten nicht zu kaufen, sondern selbst nach ihnen zu suchen. Ob Lanceor das zu würdigen wusste? Als unser Dinner beendet war, schlug er vor, einen anderen Ort aufzusuchen. Ich fragte, was ihm denn im Sinn schwebe, doch er sagte nur geheimnisvoll: "Lass dich überraschen".
Ich folgte ihm aufgeregt und neugierig und konnte unsere Ankunft kaum erwarten. Wir kamen vorbei an Draynor, dann an Port Sarim und liefen von dort aus Richtung Süden. Ich konnte mich nicht entsinnen, je zuvor hier gewesen zu sein. Ein Ort, mit dem ich bisher nichts verband. Wir kamen laut meiner Weltkarte, die ich mangels Ortskenntnissen zur Hand hatte, an der Schlammspringer-Bucht an. Erstaunen, Rührung und Faszination überschlugen sich in mir. Hatte er diesen Ort ausgewählt, weil ich vor langer Zeit mal erwähnte, wie gern ich das Meer einmal sehen würde (auch wenn sich das eher auf die Realität bezog)? Erinnerte er sich daran?
Es war ein wunderbarer Moment, er und ich am Strand, beide in unseren Festtagskleidern. Nur der Strand, das Meer, er und ich. Auch wenn es nur Pixel waren: Es war zum Heulen schön. Und es kam sogar noch schöner: Wir grillten, bewarfen uns mit Schneebällen, tanzten...Ich konnte mich an kein schöneres Erlebnis in diesem Spiel erinnern.
Das absolute Highlight kam, als ich dachte dass jetzt eigentlich nichts noch Beeindruckenderes mehr kommen konnte. Lanceor legte Holzscheite auf den Boden und bereits nach drei Scheite erkannte ich das entstehende Muster eines Herzens. Mein eigenes, reales Herz schlug mir aus tausend Gründen bis zum Hals, es gab einfach nichts das diesen Moment gebührend hätte beschreiben können. Mit jedem angezündeten Holzscheit konnte ich meine Tränen weniger zurückhalten. Ich glaube, Lanceor ahnte nichts davon.
Als Geschenk gab er mir ein Amulett der Macht, ohne zu wissen dass ich bereits eines besaß. "Oh, sorry", sagte er enttäuscht. "Ich wusste nicht ob ich dir lieber einen Ring oder das hier kaufen soll. Dann hab ich mich für das Amulett entschieden, weil das wenigstens nützlich ist" - "Es ist doch unwichtig, ob es nützlich ist. Es ist ein Geschenk und hat unersetzbaren Wert!", sagte ich und fügte hinzu: "Auch wenn die Textur dieselbe ist, werde ich dein Amulett statt meinem tragen!"
Gesegtet sei der Moment der Glückseligkeit...

Dieser Beitrag wurde von Kirika88 bearbeitet: 02. Juni 2008 - 17:29 Uhr
Kirika88
02. Juni 2008 - 13:58 Uhr
-Kapitel Elf: Baby Boo-
Der Februar war mitten im Gange, als ich bereits Range Level 40 erreicht hatte, was mir bis dahin schon recht mühsam erschien. Das lag wohl daran, dass ich den Bogen (Achtung Wortwitz!) noch nicht so ganz raushatte. Ich beschloss mein Range Training dennoch fortzusetzen, denn zum einen hatte ich nach meiner Niederlage gegen Garwin die Nase voll vom Nahkampf, und zum anderen konnte ein noch höherer Range Level nicht schaden, falls es jemals zu einer erhofften Revanche kommen sollte.
Entgegen meiner anfangs hassartigen Gefühle fühlte ich mich mehr denn je mit Runescape verbunden, vielleicht weil allmählich immer mehr Gefühle aus der realen Welt in diese virtuelle Welt flossen. Diese Welt wurde zu meinem zweiten Zuhause, mit oder ohne Garwin. Jeder Gedanke an ihn war mich Rachlust verbunden. Meine Abkapselung von ihm brachte mir den Kontakt zu anderen Spielern. Eines Abends traf ich an der Markthalle auf Markus, der mir ebenfalls viel erklären konnte. Das Wort "Meister" oder gar "Held" verwendete ich jedoch nicht auf ihn, er war eher eine Art Mentor. Das Wort "Meister" hatte für mich einen negativen Beigeschmack bekommen, und "Helden" gab es nicht mehr, es war gemeinsam mit Garwin von dieser Welt verschwunden.
Markus lud mich bald zu einer Drop Party im Partyraum ein. Ich dachte, Drop Parties sind extrem seltene Events, da ich zuvor nur eine einzige in all den Monaten miterlebte. Markus teilte mir mit, dass ein alter Bekannter von ihm dort Geburtstag feiert. Das war am 21. Februar 2008, und das Datum erwähne ich, weil es der Tag ist, an dem ich jemand sehr Bedeutsames zum ersten Mal sah: Kilic. Sehen heißt jedoch nicht gleich miteinander in Kontakt zu kommen, aber es sollte folgen.
Dank ausgesprochen intensivem Trainings war mein Range Level bis kurz vor Ende des Monats auf 56 gestiegen, ich hatte bis dato stets bei den Fleischkriechern trainiert. Doch nun fühlte ich mich stärkeren Gegnern gewachsen, also fragte ich Markus um Rat. Er empfahl mir die Rubindämonen auf Karamja. Ich schluckte; dort war ich in tiefster Vergangenheit mal gewesen, um zu ergründen wieso auf der Karte so viele rote Punkte zu sehen waren. Genau dort sollte mein Trainingsort sein?! Diese hässlichen Monster sind so stark, dass ein Noob wie ich dort verloren schien. Aber ich vertraute auf Markus' Rat und er führte mich sogar dorthin, um mir die Savespots (was ist das denn?!) zu zeigen. Schnell begriff ich die wahren Vorteile eines echten Rangers, die mir bislang mangels Logik entgangen waren. Das Wort "Fernkampf" erklärt sich für manche Leute eben doch nicht von selbst. Nun sah ich aber auch ein, dass mein Rucksack unnötigerweise voller Hummer war und verschenkte sie blind, um Platz zu schaffen. Ich dachte scheinbar noch immer zu stark wie ein Nahkämpfer, das wollte ich aber schnell ändern.
Bald hatte ich den Dreh raus, wusste wie und wo man stehen musste um den Angriffen zu entgehen. Es kamen auch oft dieselben Spieler hierher, sodass mir dieser Vulkan bald vertraut wurde. Ungefähr am dritten Trainingstag sah ich dann Kilic wieder; er trainierte, genau wie ich, Range. Ich erinnerte mich noch, dass er das Geburtstagskind von vor wenigen Tagen war. Während des Gesprächs mit ihm fand ich einiges über ihn heraus und er war mir sofort sympathisch.
In den nächsten Tagen trainierten wir immer zusammen. Da er ein deutsch sprechender Amerikaner war, versuchte er mich oft zu überreden, englisch zu sprechen. Aber ich war einfach zu schüchtern. Er hingegen sprach munter fehlerfreies Deutsch, was mich stark beeindruckte. Eines Abends unterhielt er sich auf Englisch mit einem anderen amerikanischen Spieler. Er sprach absichtlich über mich und erzählte, ich hätte mal in seinem Arm gelegen, wäre eingeschlafen und hätte im Schlaf seinen Namen genannt. Kilic wollte, dass ich das - natürlich auf Englisch - bestreite, doch ich sagte nichts, und so erzählte er weiter, wie er angeblich besorgt war, dass ich aufwachen würde, schließlich sei er selbst eingeschlafen. Längst nicht mehr auf das eigentliche Thema achtend, wurde mir bewusst dass Kilic irgendwie süß war. Ein sechzehnjähriger, deutsch sprechender Amerikaner, der solche Stories erfand. Da musste man sich ja vergucken!
Tags darauf erzählte ich ihm, dass ich mir das, was er zuvor gesagt hat, bildlich vorgestellt habe und in ihm einen sehr tollen Menschen sah. Er meinte, wenn ich bis jetzt ehrlich zu ihm war, hat er auch Gefühle für mich entwickelt.
Diese Offenbarung entschärfte eine andere, von Lanceor, welche ich fast parallel zu hören bekam: Lanceor interessierte sich schon seit geraumer Zeit für ein anderes Mädchen in Runescape. Allerdings versicherte er mir, dass er sie erst nach dem Valentinstag kennengelernt hat. Das schockierte mich zwar, allerdings nicht so sehr wie es das getan hätte wenn Kilic nicht gewesen wäre. Da Kilic's und Lanceor's Offenbarungen unmittelbar aufeinander folgten, stand für mich fest: Ich löse mich von meinem Verlobten und beginne eine neue ingame Beziehung mit meinem neuen Gefährten.
Kilic fragte mich, welches Ziel ich mit Range erreichen will, und als ich sagte, ich habe keines außer Garwin zu töten, gab er mir eines: Ich musste ihm versprechen, Range 99 zu erreichen. Dafür jedoch musste er mir im Gegenzug versprechen, mindestens so lange zu leben. Meine Forderung klingt nur dann lächerlich, wenn man nicht weiß wie schnell man in Detroit Opfer einer Gewalttat werden kann.
Also war es abgemacht: Mein Ziel war Range 99, seines war es, jenem fernen Tag beizuwohnen. Im Rahmen unserer Beziehung gab er mir den Namen "Baby Boo".
Und ich wurde von Tag zu Tag glücklicher in diesem Spiel.
Kirika88
05. Juli 2008 - 18:38 Uhr
-Kapitel Zwölf: Eine schicksalhafte Begegnung-
Endlich war März, ein Monat voller Energie, und wie sich herausstellen sollte, auch voller Ereignisse, die mein Leben in RS für immer gravierend verändern sollten. Was ich im Übrigen keineswegs bereue.
Zum Einen stand mein zweiter runder Geburtstag an, zum Anderen jährte sich bald der Tag meines ersten Logins. Und es gab sogar, wie Jagex verkündete, einen weiteren Geburtstag zu verzeichnen: Das deutsche Runescape sollte ebenfalls einjähriges Bestehen feiern. Zum ersten Mal wurde mir klar, dass RS nicht immer so war wie ich es gegenwärtig kannte - Und dass ich wie selbstverständlich bei meinem ersten Einstieg einen deutschen Server betreten hatte.
Jedenfalls veranstaltete Jagex einen Wettbewerb, bei dem die kreativsten drei Glückwunscheinsendungen kostenlose Mitgliedschaften erhielten. Genau das, woran ich mittlerweile interessiert war! Als hätte Jagex Gedanken gelesen. Es war überhaupt keine Frage, ob ich teilnehmen werde, und so sammelte ich in meinem verplanten Kopf zahlreiche Ideen.
Währenddessen kam RS dennoch nicht zu kurz, und so erlebte ich mein erstes Osterevent.
Und dort traf ich auf Eos.
Er wäre mir nicht aufgefallen, hätte ihn die silberne Krone nicht aus der Spielermenge in der Höhle des Osterhasen hervorgehoben. Irgendwann zuvor war ich mal einem anderen Spieler mit einer solchen Krone begegnet, woher ich wusste, dass Eos ein Spielermod war. Er war also etwas Besonderes. Am liebsten hätte ich an Ort und Stelle Kontakt zu ihm aufbauen wollen, aber es war angesichts der Umstände eher kein guter Zeitpunkt dafür. Und da ich nunmal die "Fähigkeit" besitze, mir jeden Namen zu merken, erkannte ich auch sofort Eos wieder, als ich ihn tags darauf beim Eiben fällen in Varrock wieder sah.
Welch Zufall, dachte ich zunächst. Heute nenne ich es Schicksal.
An den Anfang der Unterhaltung erinnere ich mich nicht mehr, aber vermutlich lautete er: "Hey, dich kenne ich von gestern, ich hab dich beim Osterevent gesehen". Er war mir schnell sympathisch geworden, und wie es für mich in Bezug auf interessante Spieler typisch ist, wollte ich ihn in meine Freundeliste aufnehmen. Gedacht, getan, doch Eos wurde bei mir nicht online angezeigt. "Hast du deinen privaten Chat nicht an?", wollte ich wissen. Er erklärte mir dann, er habe seinen privaten Chat auf Freunde, weil er sonst von zuvielen Spielern angeschrieben würde, und er könne mich nicht adden, weil seine Liste bereits voll wäre. Doch alternativ bot er mir seinen cc an. So weit, so gut. Zuletzt lud er mich ein, später des Tages dabei zu sein, wenn er Schmieden auf 99 trainiert.
Als es dann soweit war, staunte ich nicht schlecht: Lauter Spieler, die auch im cc anwesend waren, darunter einige, deren Name mir nicht fremd war, hatten sich vor der Bank von Draynor versammelt und warteten auf den Rest derer, die noch zu erscheinen gedachten. Die Anwesenheit so vieler Spieler machte mich nervös, aber auch glücklich. Da viele von ihnen untereinander zu kennen schienen, wirkte das Ganze wie eine große Familie. Und ich war nun ein Teil davon.
Sein cc war für mich wie ein Schatz, nach dem ich nie gesucht habe, weil ich nicht wusste dass er existiert. Ich habe ihn einfach gefunden. Ohne mir darüber Gedanken zu machen, entwickelte sich das Einloggen in seinen cc nach meinem Game-Login zu einem neuen Ritual.
In der Zwischenzeit stand der Wettbewerb allmählich vor der Abgabefrist und ich musste die Sache etwas entschlossener angehen. Bisher waren nichts als Ideen entstanden, die von der Umsetzung noch weit entfernt waren. Mein Geburtstag und der meines Charas spielten in RS keine große Rolle, ursprünglich hatte ich geplant eine Drop Party zu veranstalten, was ich allerdings verwarf, da ich nichts zu droppen hatte. Combat 69, aber immer noch nicht hinter das Geheimnis des Reichtums gekommen. Traurig.
Um nicht am Ende aus Mangel an Entscheidungskraft garnicht am Wettbewerb teilzunehmen, begann ich einfach, während des Range-Trainings einen Comic zu zeichnen. Die Zeichnung war jedoch enorm simpel und die Storyline alles andere als interessant; im Selbstkritisieren sind manche Menschen nunmal hervorragend, aber in meinem Fall hätte mir wohl jeder zugestimmt, dass das, was ich als Comic bezeichnete, durchaus das Werk eines Sechsjährigen hätte sein können. Es schien, als hätte mich meine einstige Kreativität mehr und mehr verlassen. Ein weiteres Indiz des Reallife-Zerfalls?
Demotiviert reichte ich den Comic nicht ein und versuchte auch nicht, eine andere Idee zu realisieren. Dabei blieb es.
Der Traum einer Mitgliedschaft, vorerst aus und vorbei? Aber Moment, steht dem Geburtstagskind denn nicht üblicherweise ein Wunsch frei?
-Kapitel Dreizehn: Aufbruch-
Dem Ende des Märzes entgegen gehend, konnte ich auf einen erfolgreichen Monat zurückblicken. Das Wort "erfolgreich" bezog sich für mich dabei weniger auf die Erfahrungspunkte, obwohl ich auch auf mein Range Level von 74 stolz war. Aber in Bezug auf "Erfolg" dachte ich eher an Kilic, Eos, den cc und auch an den Kampf gegen Garwin, obwohl er weder im März stattgefunden hatte, noch - und das war entscheidender - mit einem Sieg für mich endete. Aber wie es für die alten Pker hieß "get over it", so hieß es das auch für mich, allerdings in Bezug auf Garwin. Aus meiner Niederlage hatte ich gelernt, dass wahre Stärke nicht vom Combat, sondern vielmehr vom Wissen des Spielers beeinflusst wurde.Zweifelsohne steckte das Potenzial, dieses Wissen zu erlangen, auch in mir. Ich hatte es nur noch nicht entdeckt.
Jetzt galt erst einmal, die nächsten Schritte zu bedenken. Fest stand: Ich will Member werden. Ich wollte nichts lieber, als Range endlich auf 99 zu trainieren, und als f2p ging mir allmählich doch die Puste aus. Außerdem konnten die restlichen Vorteile einer Mitgliedschaft auch nicht uninteressant sein. Und wenn sogar das noch nicht gereicht hätte um mich zu begeistern, dann wäre es spätestens der Gedanke an Kilic gewesen, schließlich wollte er mir sein Haus zeigen. Manchmal sagte er Dinge wie "Beeil dich und werd Member, wer weiß wie lange wir noch die Chance dazu haben?" Da mich solche Äußerungen traurig machten, , verbot ich ihm, so zu reden. "Auch wenn es Realität ist: Du wirst leben!", sagte ich. Manchmal saß ich weinend vor dem Bildschirm. Ich wollte Kilic nicht verlieren. Doch ich konnte nichts tun, außer die Zeit mit ihm zu genießen. So überredete ich meinen Freund, mir nachträglich zum Geburtstag eine Mitgliedschaft zu schenken. Nach einigen Argumenten war es soweit. Nun galt es nur noch zu warten. Nicht mehr lange, und ich durfte endlich all diese Dinge sehen und erleben, von denen ich immer nur hören konnte. Ich war so aufgeregt!
In meinen letzten Spielstunden dachte ich schon darüber nach, welcher Tätigkeit ich als erstes nachgehen werde. Bedenkend, dass die Tage als Member gezählt waren, plante ich meine nachfolgende Rückkehr als f2p mit ein. Würde ich also mit Fletching beginnen, könnte ich mir genug Pfeile herstellen, um als f2p mein Range Training fortzusetzen, falls ich es als Member nicht schaffen sollte. Genug Ressourcen für die Herstellung hatte ich ja...
Ehrlich gesagt hatte ich mich nie wirklich mit Memberwissen vertraut gemacht und auch die Skillguides außer Acht gelassen ("ignoriert" trifft es eher). Ich kam ja kaum mit dem f2p-Wissen zurecht und war nun mehr oder weniger in eine Mitgliedschaft gestolpert. Macht nichts, dachte ich mir. Vieles lernt man meist, indem man es tut. Auch wenn diese Weisheit nicht wirklich zu mir passt, denn eigentlich war ich viel zu feige, um mich aufs Eis zu wagen.
Doch war es mir die Erfahrung nun wert oder nicht? Am Ende siegte doch die Neugier. Stunden später war es endlich soweit.
Pulli
05. Juli 2008 - 19:33 Uhr
abba0123
05. Juli 2008 - 20:26 Uhr
das war interessant! das merke ich mir grins. Geschichten habe ich schon als Kind geliebt^^