Solche wirklichen oder Scheinbaren Paradoxien machen mir auch immer viel Spaß.
Zum Käse mit den Löchern
Es wurde eigentlich schon implizit gesagt, aber noch einmal genauer. Diese scheinbare Paradoxie basiert in der Tat auf einem Trugschluss. In der 2. Prämisse -- je mehr Käse, desto mehr Löcher -- steckt eine Doppeldeutigkeit in Bezug auf die erste Prämisse und den Schlussatz, dh. hier liegt eine Subreption, eine Erschleichung vor. In Bezug auf die erste Prämisse bedeutet hier "mehr Löcher" einen Vergleich zur Menge oder dem Volumen der Löcher im Vergleich zu dem kleinerem Käse. Was selbstverständlich stimmt, geht man von einem konstanten Verhältnis der Löcher auf den Käse aus. Durch den Schlussatz wird dieses "mehr Löcher" auf die Menge an Käse bezogen, die in der 2. Prämisse vorliegt. dabei wird unterschlagen, dass mit der Anzahl der Löcher aber auch der Käse mehr geworden ist. Implizit wird damit die Menge an Käse dabei konstant gesetzt und nur das "Wachstum der Löcher" betrachtet, und hier liegt der Hund begraben.
Solche simplen Trugschlüsse sind zwar schon eher ein Witz, aber genau dingfest zu machen, worin der Trug genau besteht, empfinde ich trotzdem noch als eine Herausforderung.
Zum Läufer und der Schildkröte
Hier liegt die Sache vollständig anders, denn diese Aufgabe ist wirklich ein ernstes Problem für die Mathematik und Physik gewesen, weil tatsächlich eine Paradoxie vorliegt. Nur verständlich, dass die ernsthafte Auseinandersetzung damit einem Kopfschmerzen bereitet, denn hier hat die Mathematik mehr als 2000 Jahre gebraucht, um dieses Problem zu bewältigen!
Killuah942 sagte am 10.11.2008, 21:13:
btw warum sollen wir die These belegen, dass der Läufer gewinnt, wenn es doch feststeht?Das ist doch Schwachsinn.
[ironie an]btw, warum sollte man auch beweisen, dass sich die Sonne um die Erde dreht, wo man das doch sieht? Das ist doch Schwachsinn.[/ironie aus]
Hierin liegen mindestens zwei Paradoxien vor, welche sich beide um den Widerspruch von Kontinuität und Diskontinuität drehen.
1.
Die Summe von unendlich vielen endlichen Teilen einer Kette muss unendlich groß sein, egal wie klein die Teile sind.
Dieser Satz steht im Widerspruch dazu, dass die Reihe der Glieder endlich sein muss, da sich bestimmen lässt, dass der Läufer Archilles eher das Ziel erreicht als die Schildkröte. Also muss er sie überholt haben, es fragt sich nur wann und wie dies mit der Konsistenz des Zahlensystems in Einklang zu bringen ist.
Nochmal so gesagt, die Länge der Strecke, die Archilles bis zum Überholpunkt zurücklegen muss, muss eine endliche sein, sonst könnte er jenen nie erreichen. Aber durch die Aufgabe ist klar, dass er dafür unendlich viele Teilstrecken durchlaufen muss, welche ihrerseits widerum wenn auch kleine, aber vorhandenen Größen sind, um diesen Punkt zu erreichen.
Gehen wir davon aus, dass Archilles doppelt so schnell wie die Schildkröte läuft und diese einen Vorsprung von 1 besitzt, so kann man die Summe der Teilstrecken, welche er zurückzulegen muss, mathematisch folgendermaßen darstellen:
s = 1 + 1/2 + 1/2² + ...
Klar ist, dass die die Teilstrecken, die er zurücklegen muss, sich um den Faktor von 2 verringert, aber wie soll man die Gesamtsumme
s bestimmen, da sich die Anzahl der Folgeglieder gegen Unendlich geht?
Die Mathematischen Gelehrten im 17. Jhdrt. den Begriff des
Grenzwerts entwickelt, um dieses Problems Herr zu werden. Um es kurz auszudrücken, wenn sich die Regel finden lässt, dass für alle folgendene Glieder in einer Reihe ab einem willkürlichem, beliebigem Folgeglied im Fortschritt der Reihe gilt, dass dessen Betrag stets abnimmt, muss man davon ausgehen, dass die Summe der gesamten Reihe gleich dem Betrag ist, an den sie sich im Unendlichem annähert.
Spitzfindigerweise ist auch nicht die Summe aller Glieder der Reihe gleich 2, sondern deren Grenzwert.
Ich hoffe, mich einigermaßen verständlich ausgedrückt zu haben, wobei es schwierig ist, diese mathematischen Definitionen in Alltagssprache zu übertragen.
2.
Das Teil ist genauso groß wie das Ganze
Die Reihe, welche Archilles zurücklegen muss, hatte ich oben schon aufgeführt, hier nochmal zum Vergleich:
s = 1 + 1/2 + 1/2² + ...
Dasselbe für die Schildkröte:
s = 1/2 + 1/2² + 1/2³ +...
Weil beide gleichzeitig laufen, sind die Glieder der jeweiligen Reihen
eineindeutig aufeinander abbildbar:
(1 <--> 1/2), (1/2 <--> 1/2²), (1/2² <--> 1/2³), ...
Geht man nun davon aus, dass Archilles die Schildkröte einholt, so ergibt sich daraus die Folgerung, dass es eine Menge gibt, die sich eineindeutig auf eine echt Teilmenge ihrer selbst abbilden lässt. Anders ausgedrückt, man sieht, dass in der Abbildung der Elemente eine Verschiebung um ein Element vorliegt. Wenn die Mengen einander gleichgesetzt werden, und das müssen sie, soll der Läufer die Schildkröte einholen, so hat man damit absurderweise eine Menge, die eine Teilmenge enthält, welche genausoviel Elemente besitzt, wie sie selbst. Dieses eine Element, die 1, ist in der einen Menge vorhanden, in der anderen nicht. Trotzdem müssen sie dieselbe Anzahl an Elementen haben, weil beide aufeinander projezierbar sind.
Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, hatte die Mathematik noch einmal satte 200 Jahre gebraucht; erst mit der modernen Mengenlehre des ausgehenden 19. Jhdrts wurde dies bewältigt. Und zwar auf eine ziemlich überraschende Weise. Im Verlaufe der Entwicklung wurden nämlich immer mehr Mengen aufgefunden, auf die genau die Eigenschaft zutrifft, eine echte Teilmenge ihrer selbst zu besitzen, die zugleich so mächtig ist, wie sie selbst. Letztendlich wurde genau dies Kriterium zu wesentlichen Eigenschaft jeder unendlichen Menge gemacht, für die es bis dahin noch keine exakte Definition gab.
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Hoffentlich habe ich mich einigermaßen verständlich ausgedrückt, das Ganze ist nicht so einfach kurz zu erklären.
Gruß, Gari
Dieser Beitrag wurde von Gari bearbeitet: 11. November 2008 - 23:19 Uhr