Ich studiere neben Geschichte und Deutsch auch katholische Theologie, deshalb wollte ich „kurz“ etwas dazu schreiben, zumal der Thread dann wohl doch von einigen ernst genommen wird.
Wenn man mich fragt, ob ich an Gott glaube, antworte ich mit einem klaren Ja. Wenn mich allerdings ein Dozent oder jemand anderes nach meinem Gottesbild fragt und ich offen antworte, stoße ich recht häufig auf eine Art Unverständnis, das nicht immer auch mit Interesse einhergeht – vereinzelt wurde mir sogar schon mehr oder weniger offen gesagt (oder angedroht?), dass ich eventuell Probleme mit der Commissio bekommen könnte.
Um es sehr stark abzukürzen und vereinfacht auszudrücken, glaube ich zwar an die Existenz und die Allmacht Gottes, doch ist mein Bild das eines Trauernden, eines lethargischen, deprimierten, kraftlosen Gottes, der uns zwar mit nur einem einzigen wunderbaren Gedanken erlösen könnte, doch dem wir durch unsere eigene Schuld jede Kraft, jeden Funken raubten. Dadurch wendet er sich allerdings nicht von uns ab, lässt uns nicht schutzlos zurück, im Gegenteil – gerade weil er uns so nah ist und sein möchte, unser Bestes will und wir selbst doch nur Leid, Zerstörung, Kummer und Hass sähen, wir seine Schöpfung grinsend zertrümmern, seinen Sohn Tag für Tag aufs Neue für eine Handvoll Silber verraten, uns längst aus seiner liebenden Hand gelöst haben, ist er über unser Fehl so maßlos enttäuscht und verletzt.
Ich finde den Gedanken töricht, dass Allmacht vor Gefühlen schützen sollte – und wenn Gott fühlt, dann können es einfach unterm Strich keine sonderlich schönen Emotionen sein.
Gott ist nicht tot, er hat sich nicht abgewandt; vielleicht viel schlimmer noch, er ist da, er erlebt mit, er leidet mit uns, durch uns und für uns.
Das aber wie gesagt nur in aller Kürze, eigentlich wollte ich nur ein paar der Dinge aufgreifen, die mir hier so ins Auge gefallen sind und die mich im Grunde wesentlich mehr interessieren. Eigentlich sind es alles nur Dinge, die ich entweder anders sehe oder nicht einordnen kann, was nicht heißen soll, dass ich diese Meinungen nicht respektiere oder hier nicht interessante und auch (meiner Meinung nach) schlüssige und schöne Aspekte gelesen hätte.
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ed: Und Jesus gab es ziemlich sicher. Es wurde soviel geforscht, und man kann fast sicher sagen dass es ihn gab. Ob er jetzt blinde wieder zum Sehen gebracht hat, und dumme […] zu Leuten die intelligent sind […] gemacht hat […] weiß ich aber auch nicht.
Dass Jesus von Nazareth gelebt hat, ist aus historischer Sicht unbestritten. Er hat gelebt, er hat die Welt nachweislich auf seine Weise tief geprägt und verändert. Wenn man diese Tatsache auch nur in Frage stellt, muss man so ziemlich alles als nicht bewiesen erachten, was in römischen, hellenistischen oder jüdischen und sogar arabischen Schriftstücken und sonstigen Quellen dieser Zeit als historisch gegeben hingenommen wird, so ganz lapidar gesagt.
Der historische Jesus wird ja nicht erst mit der Bibel in Schriften erwähnt und seine Existenz und sein Wirken dadurch bekräftigt, er taucht im Judentum (Jesus war ja selbst Jude), dem von ihm inspirierten Christentum, bei den „Heiden“ (Römer, Griechen…), später im Koran des Islams… also eigentlich im gesamten Schrifttum von Orient und Okzident auf.
Langer Rede kurzer Sinn: Den historischen Jesus kann man schlicht nicht leugnen, wenn man wissenschaftlich und historisch-kritisch vorgehen möchte, das ist keine Frage von Religiosität oder Glaube.
Nur das, was darüber hinausgeht, ist natürlich besonders vom Glauben und der eigenen Einstellung abhängig, ob er wirklich Wunder wirkte oder nicht, muss man wohl selbst mit sich ausmachen – wobei ich behaupten würde, dass man die Intention vielleicht nicht ganz verstanden hat, wenn man dem eine immense Bedeutung zukommen lässt.
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lol? Die bibel ist so ziehmlich das langenweiligste buch das ich kenne
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Lil Sune hat recht damit, dass die Bibel wirklich langweilig und absolut kryptisch formuliert ist.
Nun ja, jeder nach seiner Facon, aber ich für meinen Teil kenne nur wenige Bücher, die so fesselnd und interessant sein können. Allein wenn ich das Neue Testament aufschlage und mir vorstelle, dass dies alles bereits ab 70 nach Christus, also vor fast 2000 Jahren schriftlich festgehalten wurde, es die Menschen damals schon im Innersten berührte, die Taten jenes Mannes seither Hoffnung, Kraft, Beweggrund und vieles mehr für Millionen und Milliarden waren, was alles durch diese Worte ausgelöst wurde, wie sie zu ihrer Entstehungszeit wirkten, wie sie uns heute erscheinen, dann überkommt mich nichts als die blanke Ehrfurcht.
Es kommt auf deine Einstellung an, wenn du dir von vornherein denkst, dass du jetzt mal zehn Minuten Bibel liest, oder du mal ein wenig blätterst ohne dich dem Inhalt öffnen zu wollen, dann kannst du es wohl gleich bleibenlassen und dir die umständlichen und nicht ganz leicht zugänglichen Texte besser ersparen. Wenn es dich allerdings interessiert oder gar im Ansatz begeistert, kann es mitunter eine sehr wertvolle Lektüre für das ganze Leben darstellen, wie ich immer wieder höre.
Zur Formulierung sei gesagt, dass man sie wohl in der Tat als veraltet bezeichnen darf und der Stil nicht gerade mit neuen Romanen mithalten kann – aber wie sollte es auch anders sein? Auch hier kann ich nur sagen, dass Interesse und Einarbeitung in die Materie einiges bringen können.
[Wenn man z.B. die Einheitsübersetzung des Alten Testaments schon als kryptisch empfindet, kann man ja mal einen Blick in die Septuaginta werfen und nach vielleicht unzulänglichen Übersetzungen suchen, da kommt dann richtig Freude auf. -.-]
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Dass die Bibel Unrecht hat, wurde schon im Spätmittelalter durch Galileo Galilei und Co. entdeckt: Das heliozentrische Weltbild entspricht nicht der Bibel, die besagt, dass die Erde mit den Menschen darauf als Zentrum des Alls erschaffen wurde.
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Diese Weltordnung hat die Kirche im Mittelalter erfunden, zum einen um die Kirche allmächtig und bestimmend wirken zu lassen.
Das ist beides bereits im Grundgedanken falsch. „Die Kirche“ gab es selbst bei Entstehung der meisten Texte des Neuen Testaments noch nicht, bzw. nur in der Größenordnung und von solcher Bedeutung, wie man es heute mit einer kleinen Sekte (und zwar in diesem Fall des Judentums) vergleichen könnte, von denen es zu der Zeit wirklich mehr als genug gab. Hier wird sich allerdings auf den Schöpfungsbericht bezogen, der nicht Teil des Neuen Testaments ist, sondern schon Teil des Pentateuchs der Juden, wiederum Teil des Alten Testaments der Christen.
Da der Pentateuch um 440 vor Christus als Tora kanonisiert wurde, kann man sich ausmalen, dass die Schriften darin noch wesentlich älter sein müssen, einige Quellfäden wohl sogar bis 950 vor Christus… womit ich ausdrücken will, dass weder „die Bibel“ noch „die (christliche) Kirche“ da direkt etwas mit zu tun hat.
Irgendwie muss der Mensch seinen Wissensdurst eben stillen, die Welt um sich herum erklären, das liegt in unserer Natur. Heute kommt es uns seltsam vor, dass man solche Dinge geglaubt haben kann [obwohl, wie Hannes ja anmerkte, ein paar gefährlich seltsame Leute das heute wirklich wieder wörtlich auslegen und vertreten], aber wenn man wie vor 3000 Jahren nicht über die nötige Wissenschaft und die technischen Mittel verfügt, legt man es sich wohl notgedrungen zusammen – und noch dazu natürlich mit der Intention, dass es auch wenn möglich jeder weniger gebildete Mitmensch verstehen kann.
Wörtlich ist das alles ohnehin nicht unbedingt zu verstehen, was man nicht oft genug erwähnen kann.
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zumal weiss man nicht was der vatikan für geheimnisse in den eigenen katakomben versteckt, welche die nichtexistenz gottes beweisen oder ihr großes weltbild vernichten könnten.
Ich persönlich glaube kaum, dass es in irgendwelchen geheimen Katakomben irgendetwas gibt, das solch eine Wirkung erzielen könnte. Da du doch selbst von der wissenschaftlichen Seite her argumentierst, wie willst du denn die Nichtexistenz Gottes beweisen können? Wenn sich Existenz oder Nichtexistenz irgendwie beweisen ließen, dann bräuchte man schließlich keinen Glauben mehr, sondern hätte nur noch Wissen und Gewissheit – natürlich sind aber beide Fälle unmöglich.
Diesen Punkt höre ich aber immer häufiger (besonders seit dieser seltsamen Dan Brown Welle, da viele Menschen seinen fiktiven Romanen ernsthaft auch nur mehr als ihren kleinen Funken Wahrheit zutrauen), wobei es mich jedes Mal wundert, was denn das für seltsame Dokumente oder Dinge sein sollten, dass sie eine Weltreligion in den Grundfesten erschüttern.
Dass Jesus doch nicht Gottessohn war? Hat er immerhin nie selbst wirklich direkt gesagt. Dass Frauen mit ihm und seinen Jüngern reisten? Wird ohnehin als Tatsache angesehen. Dass er nicht die Lahmen und Blinden geheilt hat? Ich würde diese Dinge ohnehin metaphorisch sehen. Was soll das also sein, dieses „ultimative Geheimnis“, das dem Christentum den Niedergang bescheren kann, wenn es ans Licht der Öffentlichkeit gelangt?
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das die bibel teils fehlerhaft/lückenhaft ist liegt halt daran das ihr inhalt erst sehr spät schriftlich festgehalten worden ist .
von mund zu mund erzählt kommt mal was neues vor oder geht etwas verloren. teilweise kommt es auch durch falsche übersetzung.
Nun ja, wenn du dich hierbei auf das NT beziehst, würde ich dem nicht unbedingt zustimmen. Bereits um 70 n. Chr. entstand das Markusevangelium, von „sehr spätem schriftlichem Festhalten“ kann da meiner Meinung nach keine Rede sein, auch nicht von wesentlichen Überlieferungsproblemen. Wenn er auch selbst wohl kein Augenzeuge mehr war, so kannte er doch ganz sicher ebensolche – viel mehr kann man von den wenigsten so alten Quellen erwarten.
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war früher jedenfalls und jeder der was dagegen gesagt hat wurde gekillt-.-
Ähm… hä? Nein. Schlicht und ergreifend, nein. :/
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Btw: Es gab Jesus. Er war aber nur ein Prophet. Erst Kaiser Konstantin lies ihn zu Gottes Sohn werden.
Also wenn du das im Religionsunterricht (noch dazu an einer katholischen Schule) gelernt hast, würde ich doch glatt noch mal bei dem entsprechenden Lehrer nachfragen. Als Prophet wird Jesus zum Beispiel im Islam bezeichnet, laut der Bibel und dem Glauben der Christen ist er allerdings unendlich vieles mehr darüber hinaus. Es gibt in der Tat zwei christlich-theologische Denkansätze, ab wann Jesus Gottes Sohn war, ob seit seiner Geburt, oder erst durch seine Passion und den Triumph über den Tod bzw. seiner Himmelfahrt.
Was nun aber Konstantin damit zu tun hat und wie und wieso er Jesus zum Gottessohn „gemacht haben“ soll, verstehe ich nicht wirklich. Ich sehe zwar eine Art groben Kontext und Denkansatz im Sinne der Konstantinischen Wende, aber viel mehr auch nicht.